Dienstag, 14. August 2012

Die Rudelbildung Saisonvorschau: Werder Bremen

Der Kicker titelte in seiner Saisonvorschau "Grün wie nie" - ein passendes Motto. Die Bremer stellen zur neuen Saison eine der jüngsten Mannschaften der Bundesliga und wussten doch in der Vorbereitung zu Gefallen. Die großen Namen sind weg. Bremen zollt der sportlichen Realität, zwei Jahre in Folge nicht international vertreten, Tribut und muss kleinere Brötchen backen. Trotzdem ist das Saisonziel ein internationaler Wettbewerb. Gelingt der Neuaufbau? Teil zehn der Rudelbildung Saisonvorschau.

Neuzugänge und Abgänge

Es ist der vielleicht radikalste Umbruch in der Bundesliga. Acht Neuzugänge verzeichnen die Bremer und bis auf die Reservetorhüter Wolf und Strebinger gehören diese allesamt in die Kategorie "potentielle Stammspieler". Für den Angriff kamen Elia, Petersen und de Bruyne, während für die defensive der Rechtsverteidiger Gebre Selassie kam, der bei der EM positiv auf sich aufmerksam gemacht hatte. Dazu kam mit Lukimya einer der besten Innenverteidiger der abgelaufenen Zweitligasaison an die Weser.

Reden machte Werder allerdings durch seine Abgängeliste. Mit Wiese, Naldo, Pizarro und Rosenberg verließen Stammspieler den Verein. Marin wurde an Chelsea transferiert, welches aufgrund seiner schwankenden Leistungen durchaus sinn macht. Die Abgänge von Borowski und Boenisch entlasten das Gehaltsbudget. Auch ein Verein wie Werder muss der sportlichen Entwicklung Rechnung tragen und seinen Kader abspecken.

Taktik

Werder Bremen und Taktik: Keine Frage, dass kann unter Thomas Schaaf doch nur die 4-4-2 Raute sein! Denkste, die Bremer scheinen auf ein 4-3-3 mit offensiven Flügelspielern umzusatteln. So agierte man im LIGA TOTAL Cup und auch in den letzten Testspielen war dies die bevorzugte Aufstellung der Bremer. Schaaf erfindet sich und Werder also neu.

Gerade an die drei Mittelfeldspieler wird hier ein höchst komplexe Aufgabe zugetragen. Sie müssen sich recht flach aneinander orientieren um dann weit zum Flügel zu verschieben. Hier kann dann mit den Flügelstürmern für Überzahl gesorgt werden. Auch an den Mittelstürmer kommt einiges an Arbeit zu: Er muss je nach Situation mit den Flügelstürmern auf einer Linie agieren oder alleine die Innenverteidiger anlaufen. Schaaf wird auf jeden Fall wieder auf Kurzpass-Fußball setzen. Kein Team spielte in der Vorsaison weniger lange Bälle als die Bremer.

Testspiele

Insgesamt 11 Testspiele absolvierten die Bremer, die Bilanz liest sich durchwachsen: Fünf Siegen stehen fünf Unetschieden und eine Niederlage gegenüber. Jedoch testeten die Bremer größtenteils nur gegen schlagkräftige Gegner.

Von Cottbus trennte man sich 1:1, bevor man gegen den FC Aberdeen knapp mit 1:0 gewann. Die einzige Niederlage gab es gegen den SC Paderborn (1:2), danach überzeugte man dann zweimal beim LIGA TOTAL Cup, wo man die Bayern und die Dortmunder jeweils im Elfmeterschießen schlug. In den letzten beiden Härtetests vor dem DFB Pokal trennte man sich von Aston Villa mit 3:3, bevor man den dänischen Erstligisten Odense 2:1 schlug.

Baustellen

Wie lange brauchen die Bremer, um zu einer Einheit und einem funktionierenden Team zusammen zuwachsen? In der Vorbereitung zeigten sich die Bremer schon erstaunlich stark. Man darf gespannt sein. Das Anfangsprogramm hat es mit einer Reise nach Dortmund, einem Nordderby gegen den HSV und Duellen mit Hannover und Stuttgart in sich.

Nur vier Teams kassierten in der letzten Saison mehr Gegentore als die Bremer. Bremen ist unter Thomas Schaaf schon immer ein Team gewesen, dass lieber 4:3 gewinnt als 1:0: Jedoch weiß man auch in Bremen, dass man mit 58 Gegentreffern nicht in die Europa League einziehen wird. Zum Vergleich bekam keiner der ersten sechs in der vergangenen Saison mehr als 46 Gegentreffer.

Nicht nur im Abwehrverbund muss man sich verbessern, auch die Disziplin lässt zu wünschen übrig. In der abgelaufenen Saison landeten die Bremer in der Fair Play Tabelle auf Platz 16, nur die Absteiger aus Köln und Berlin waren schlimmer.

Wie verdaut Werder die Horror-Rückrunde mit nur zwei Siegen in siebzehn Begegnungen? Nach einer guten Hinrunde, Platz 5, stürzte man in der Rückrunde ab. In dieser katastrophalen Rückserie holte man nur magere dreizehn Zähler. Will Bremen um die internationalen Startplätze kämpfen muss man konstanter werden.

Schwächen in der Luft: Kein Team gewann in der letzten Saison weniger Kopfballduelle als die Bremer.

Zielwasser: Nur Bayern und Dortmund verzeichneten mehr Schüsse in der letzten Saison. Geht es jedoch um Schüsse aufs Tor belegen die Bremer nur den neunten Rang.

Ist die Mannschaft zu unerfahren? Der Altersdurchschnitt beträgt nur 22,8 Jahre. Nur Fritz und Ersatztorwart Vander sind über dreißig Jahre alt. Auch hat der gesamte Kader nicht einmal 1000 Bundesligaspiele absolviert. In der Vorsaison waren es weit über 2000.

Stärke

Hinten pfui, vorne Hui: An Toren hat es unter Thomas Schaaf noch nie gefehlt. In seinen dreizehn Jahren erzielte man im Schnitt fast zwei Tore pro Spiel. Auch in der letzten Saison erzielten nur vier Teams mehr Treffer als die Bremer.

Auch wenn die letzte Saison eine Enttäuschung war stimmte die Moral: Nur Schalke gewann so oft nach einem 0:1 Rückstand wie Werder.

Ruhender Ball: Nur vier Teams erzielten in der Vorsaison mehr Treffer nach einem ruhenden Ball.

Mit Elia und Arnautovic verfügt man über eine der potentiell besten Flügelzangen der Liga. Dazu hat man mit Petersen einen Stürmer, der weiß, wo das Tor steht. Auch der junge Niclas Füllkrug wusste in der Vorbereitung zu gefallen.

Auch im Defensivverbund besteht Hoffnung zur Besserung: Mielitz überzeugte bis jetzt immer, wenn er als Wiese-Ersatz gefordert war. Sokratis war einer der besten Abwehrspieler der Liga, in einer wackeligen Werder-Hintermannschaft und mit Gebre Selassie besetzte man die rechte Abwehrseite optimal. Die Defensive könnte also, rein vom Personal, ein Prunktstück des neuen SVW werden.

Positives Überraschungspotential

Bei so einer neuformierten Mannschaft bieten sich viele Überraschungen. Viele verweisen auf das Konfliktpotential, dass Elia und Arnautovic präsentieren. Jedoch sind genau diese beiden zwei Spieler, die maßgeblich zum Erfolg der Bremer beitragen können. Hält Schaaf sie bei Laune könnten sie einer der Hingucker der neuen Saison werden.

Potentieller Gefahrenherd

Die Position des linken Verteidigers versucht man seit Jahren adäquat zu besetzen. In dieser Saison deutet vieles auf einen Zweikampf zwischen Schmitz und Hartherz hin. Beide konnten sich in der Vergangenheit jedoch nicht festspielen. Es droht erneut ein Problem links hinten.

Mögliche Startelf

Mielitz - Gebre Selassie, Prödl, Sokratis, Schmitz - Fritz, Hunt, Junuzovic - Arnautovic, Petersen, Elia

Prognose

Die Bremer wollen möglichst wieder ins internationale Geschäft. Dafür müssen viele Rädchen ineinander greifen. Die neuformierte Mannschaft muss sich schnell finden. Gelingt dies können die Bremer nicht nur das Offensivspektakel der Liga werden, sondern auch ihr proklamiertes Ziel erreichen. Denn auch wenn die Mannschaft jung ist verfügt sie sowohl über fußballerische Qualität als auch internationale Erfahrung. Doch es ist ein schmaler Grat, der bei misslingen auch mit einer weiteren Saison im Niemalalsland der Liga enden kann. Platz 6-10.

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