Samstag, 11. August 2012

Die Rudelbildung Saisonvorschau: SC Freiburg


Fußballfans in Deutschland wurden in der letzten Saison Zeuge eines (Fußball-) Märchens. Die Freiburger verkauften mit Cisse ihren besten Spieler, der Trainer wurde entlassen und nach der Hinrunde war man Tabellenletzter. Alles schien verloren, doch dann stellte man Christian Streich als Trainer ein. Großes staunen in der Szene, wie konnte man in so einer prekären Lage nur auf diesen unerfahrenen Trainer setzen, der dann auch noch junge Spieler einbaute? Doch das Märchen nahm seinen Lauf. Die Freiburger holten in der Rückrunde starke 27 Punkte, Platz 7, und schafften das Unmögliche: Den suveränen Nichtabstieg. Was folgt in dieser Saison - etabliert man sich weiterhin, und bleibt ein fünftes Jahr in der Bundesliga, was neuer Vereinsrekord wäre, oder muss man zittern? Teil sieben der Rudelbildung Saisonvorschau.

Neuzugänge und Abgänge

Die Freiburger betrieben bisher eine zurückhaltende, konservative Transferpolitik in diesem Sommer. Mit Vegar Hedenstad kam ein Rechtsverteidiger, mit Calvente verpflichteten die Freiburger auch auf der Linksverteidigerposition einen neuen Mann. Dazu kam Max Kruse vom St. Pauli, der in der letzten Saison in der zweiten Liga glänzte.

Zwei Abgänge mögen verwundern: Mit Reisinger gab man einen der konstantesten Spieler der vergangenen Saison ab, auch Michael Lumb wusste bei seinen wenigen Einsätzen durchaus zu gefallen. Jedoch sicherten sich die Freiburger im Defensivverbund Ersatz. Der prominenteste Abgang war der ehemalige Nationalspieler Andreas Hinkel. Dieser wusste jedoch nie zu überzeugen und wurde deswegen nicht weiter beschäftigt.

Taktik

Der neue Trainer Streich ließ die Breisgauer nach seinem Antritt in einer 4-2-2-2 Formation agieren. Die Vorteile dieser Formation wurden gerade beim 0:0 gegen die Bayern deutlich: Da die Stürmer sich geschickt positionierten konnten sie entweder das Mittelfeld zustellen oder Druck auf die gegnerische Viererkette ausüben. Die Außenspieler im Mittelfeld ließen sich hier oft fallen und erzeugten so eine Überzahlsituation.

In der diesjährigen Vorbereitung wechselte Streich munter zwischen verschiedenen Formationen durch. So testete man sowohl das 4-2-3-1, als auch ein 4-4-1-1, sowie ein 4-4-2. Was auf dem Papier nach wilden Zahlenspielen aussieht muss in der Praxis nicht zwangsläufig der große Unterschied sein, jedoch ist es interessant zu sehen, dass die Freiburger viel experimentieren (trotz erfolgreicher Rückrunden-Formation).

Testspiele

Die Freiburger strauchelten in ihren Testspielen überraschend oft. So verlor man gegen den FC Zürich (2:4), trennte sich von Hessen Kassel 3:3 und gewann nur knapp gegen den FC Vaduz (2:1). Die Generalprobe gelang jedoch am Samstag Abend. Hier schlug man den spanischen Erstligisten Betis Sevilla mit 1:0.

Baustellen

Nach dem Abgang von Cisse fehlt den Freiburgern ein Torjäger. Bezeichnenderweise war dieser auch am Saisonende noch Freiburgs erfolgreichster Torschütze mit neun Treffern. Dieses glich man im Kollektiv aus, doch ein Spieler, der 8-12 Tore garantiert, würde den Breisgauern gut zu Gesicht stehen.

Die Defensive war in der Hinrunde lange das Sorgenkind. So kassierte man in 17 Spielen ganze 39 Gegentreffer, kein Team kassierte mehr. Unter Streich stabilisierte man sich in der Rückrunde und ließ nur 22 Gegentreffer zu, ein geteilter 7. Platz. Fortsetzung liebend gerne gesehen aus Freiburger Sicht.

Der SC Freiburg stellt eines der jüngsten Teams der Bundesliga. Nur drei Spieler haben mehr als 100 Bundesligaspiele absolviert. In der Rückrunde fuhr man mit den jungen Wilden, 10 Spieler kommen aus der eigenen Nachwuchsabteilung, sehr gut. Doch wird die Unerfahrenheit auf lange Sicht zum Problem?

Stärke

Unter Streich verlor man in der Rückrunde kein einziges Heimspiel, Vereinsrekord.

Auf der einen Seite hat man keinen richtigen Torjäger, doch mit 17 verschiedenen Torschützen stellte kein Team mehr in der abgelaufenen Saison.

Christian Streich mag ein "komischer Kauz" sein, doch der Trainer überzeugte bis jetzt auf ganzer Linie. Sein Punktedurchschnitt von 1,6 ist unfassbar gut, das selbe gilt für seine Siegquote von 41 Prozent-beides ist Vereinsrekord.

Der unterhaltsame Fußball, den die Freiburger unter Streich praktizieren, ist auch erfolgreich. Nur sechs Teams erzielten mehr Tore aus dem Spiel heraus - eine beachtliche Statistik für einen Abstiegskandidaten.

Abstiegskampf ist kratzen, kämpfen und beißen? Nicht bei den Freiburgern. Platz fünf in der Fair Play Tabelle spricht eine deutliche Sprache. Man kann sich auch mit anderen, spielerischen, Mitteln befreien.

Positives Überraschungspotential

Er glänzte schon in der Rückrunde als Abwehrchef und Bollwerk: Mit Fallou Diagne haben die Freiburger einen echten Glücksgriff gelandet. Nur 12 Verteidiger erzielten einen besseren Notendurchschnitt als der Mann aus dem Senegal. Ein Mann für höhere Aufgaben?

Eine weitere äußerst positive Erscheinung war Daniel Caligiuri, der in der Vorsaison mit sechs Toren und sechs Vorlagen glänzte. Er könnte mit Kapitän Schuster ein gutes Gespann im zentralen Mittelfeld bilden. Da er ein sehr variabler Spieler ist wird er allerdings auch ein Kandidat für die Außenpositionen sein.

Potentieller Gefahrenherd

Wie schon erwähnt fehlt den Freiburgern ein Stürmer, der überzeugen mag. Sowohl Santini als auch Jendrisek und Dembele enttäuschten. Einzig Reisinger vermochte mit Abstrichen zu begeistern, doch dieser verließ den Verein. So ruhen die Hoffnungen Sebastian Freis, der mit 24 Bundesligatoren auch der erfolgreichste Torschütze im Kader der Freiburger ist. Dieser erzielte in der vergangen Saison in fünfzehn Einsätzen ganze drei Tore.


Mögliche Startelf

Baumann - Mujdza , Ginter , Diagne, Sorg - Schuster , Makiadi  - Schmid , Caligiuri  - Rosenthal - Freis 

Prognose

Kann man auch nur ansatzweise das Niveau der Rückrunde halten sollten die Freiburger nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Christian Streich hat in der Vorsaison bewiesen, dass er aus dem vorhandenen Material das Optimale (und mehr) herausholen kann und dafür gebührt ihm größter Respekt. Doch nun haben die Gegner sich auf die Freiburger eingestellt: Kann man sich also verbessern oder neu erfinden und somit das Niveau halten?

Fußballromantiker werden sich nichts anderes als den Klassenerhalt der Freiburger wünschen. Ich bin (leider) kein Romantiker, sondern ein Realist. Die Freiburger werden kaum direkt absteigen, da andere Teams schwächer besetzt sind, entweder vom Personal oder dem taktischen Konzept. Fürth, Augsburg und Düsseldorf sind Beispiele hierfür. Doch alles muss passen, damit man nicht in die Relegation muss. Wenn es jedoch passt und die Freiburger "Rückrunden-Niveau" erreichen können die Freiburger alle überraschen. Und das würde die Romantiker sicherlich erfreuen. Platz 11-16.

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