Freitag, 13. April 2012

Die Rudelbildung Vorschau zum 31. Spieltag: Gladbach-Köln

Die Abstimmung zum Rudelbildung Spiel der Woche bekam einen interessanten Aspekt, als Köln sich nicht überraschend von seinem Trainer Staale Solbakken trennte. 

Frank Schaefer übernimmt somit zum zweiten Mal innerhalb von 18 Monaten die Kölner Mannschaft. Damit hatte der FC in der Saison 2010/11 nach der Beurlaubung von Zvonimir Soldo großen Erfolg. Unter der Leitung von Schaefer gewannen die Geißböcke sieben Heimspiele hintereinander, im April vor einem Jahr erklärte der Trainer jedoch seinen Rücktritt zum Saisonende und wurde zwei Wochen später gegangen, wie man so schön sagt. Dies ist also ein Aspekt der Begegnung, was machen die Kölner anders als unter Solbakken?

Doch auch die Situation der Gladbacher ist eine besondere, man kann getrost behaupten, dass die Fohlen sich das erste Mal in dieser Saison in einer Krise befinden. Was sind die Gründe hierfür? Werfen wir einen Blick drauf.

Borussia Mönchengladbach-1. FC Köln

Die Formkrise der Gladbacher-auf der Suche nach den Gründen

Um der Krise der Gladbacher auf den Grund zu gehen haben wir uns die Spiele gegen Hoffenheim (1:2), Hannover (2:1) und Berlin 0:0 einmal genauer angeschaut. Hier fallen folgende Dinge ins Auge:

1) Hoffenheim arbeitete defensiv sehr kompakt, womit die Gladbacher große Probleme hatten. Zum ersten Mal in dieser Saison konnte die Favre-Elf in diesem Spiel keinen Torschuss in den ersten 20. Minuten verbuchen. Die Gladbacher spielen ähnlich wie die Borussia aus Dortmund mit schnellen, vertikalem Spiel in die Spitze. Das Problem ist jedoch, dass sie zu oft nicht schnell genug das Mittelfeld überbrücken. Dies hat auch etwas mit Punkt zwei zu tun.

2) Die Gladbacher Außenverteidiger gehören mit Jantschke und Daems zu den defensiveren der Liga. Da auch keiner der normal verwendeten 6er, Nordtveit und Neustädter, sich viel im Offensiv Spiel der Gladbacher beteiligt hat die Mannschaften gegen defensiv kompakte Teams wie Berlin Probleme sich Torchancen zu erarbeiten. Hier agiert man oft nur mit vier Spielern in der offensive, und das gegen Teils 8 gegnerische Akteure.

3) Aktuell sind die Gladbacher vielleicht etwas aus ihrem Rhythmus geraten, welches aufgrund der Verletzungen von zwei wichtigen Offensivspielern, Hermann und Reus, auch verständlich wäre. 

Favre rotiert wenig, von daher hat sich eine Startelf festgespielt und die teils genialen Kombinationen zwischen den vorderen 4 (Hanke, Reus, Hermann, Arango) sind nicht mehr so fließend wie zu beginn der Saison. Ein anderes Problem ist natürlich, dass der Gegner sich mittlerweile auf dieses Konzept eingestellt hat. Gladbach ist also sehr leicht auszurechnen, wenn die Offensivspieler einen schlechten Tag erwischen.

Folgende Maßnahmen wären hier eine Überlegung wert:

1. Gegen die Hoffenheimer operierte man oft mit inversen Wingern, das heißt Flügelspieler vom Typ Robben die oftmals nach Innen ziehen. Hierfür bedarf es dann Außenverteidigern, die zusammen mit einem Stürmer, zumeist Hanke die Außen besetzen.

2. Da die beiden 6er der Gladbacher zuviel Absichern wäre es eine Überlegung Wert Dante Hummels-ähnliche Vorstöße zu erlauben. Eine andere Möglichkeit wäre die 6er aktiver mit ins Spielgeschehen einzubeziehen. Ähnlich wie bei Bayern und Dortmund, die mit einem Absicherer (Gustavo/Kehl) und einem verkappten Spielmacher (Kroos/Gündogan) agieren wäre dies auch für die Gladbacher eine Möglichkeit.

3. Gladbacher Fans in verschiedenen Fan-Foren haben zurecht darauf hingewiesen, dass ein offensiver 6er dem Team gut tun würde. Hier fällt oft der Name Ring, der gegen Bremen sehr ansprechend spielte. Auch Arango könnte hier eine Option sein.


4. Um gegen kompakte Gegner Räume zu schaffen sind Seitenwechsel ein effektives Mittel. Dieses taktische Mittel benutzen die Gladbacher (noch) zu wenig. Arango benutzte es gegen Köln im Hinspiel schon sehr erfolgreich.

5. Man könnte ähnlich wie der Hamburger SV mit einem tiefen 6er spielen, sodass Dante und der 2. Innenverteidiger sich auf die Außen fallen lassen können. Die Außenverteidiger können so aufrücken, Hermann und Arango können zentraler agieren.

Köln unter dem neuen Trainer-was muss sich ändern?

Auf den neuen, alten Kölner Trainer Frank Schaefer wartet eine schwierige Aufgabe. Kein Team verlor öfter als die Kölner und auch nach vorne geht wenig. Solbakken setze stur auf ein 4-4-2 mit einer sehr defensiven Grundordnung. Nur Augsburg und Berlin haben weniger Ballbesitz als die Kölner. Die Kölner spielten extrem auf Konter, Solbakken basierte sein ganzes Konzept auf dieser Strategie. Ob dies an den fehlenden Alternativen lag ist schwer zu sagen, jedoch war es offensichtlich, dass die Kölner Spieler damit nicht zurecht kamen. Die Kollegen von Spielverlagerung haben hierzu eine Analyse angefertigt, die ich euch nur ans Herz legen kann.

Es war jedoch nicht alleine die "gezwungene" Wahl des wenigen Ballbesitzes, dann unter Schaefer hatten die Kölner auch in der letzten Saison nach Gladbach den wenigsten Ballbesitz der Liga und die Zahlen sind nahezu identisch. Andere Dinge fallen allerdings in Auge.

1. Unter Schaefer hatte Köln das torgefährlichste Sturmduo der Liga. Novakovic und Podolski erzielten 30 der 47 Kölner Treffer in der vergangenen Saison. In dieser Saison trifft und überzeugt nur Podolski, 50% aller Kölner Treffer, während Novakovic mit formschwäche und Disziplinlosigkeit zu kämpfen hat und auf bislang nur 4 Treffer kommt.


2. Mit Rensing hatte man einen überragenden Rückhalt. 

Der Keeper hielt die Kölner in der Vorsaison oft im Spiel, am Ende der Saison war er der 6. beste Spieler nach Kicker Noten und der Noten-beste Keeper der Liga. Auch diese Saison ist Rensing wieder der beste Kölner, jedoch erreicht er nicht das Niveau der Vorsaison. Dies liegt natürlich an vielen Faktoren, die nicht nur etwas mit dem Keeper zu tun haben.


3. Geromel als Fels in der Brandung. 

Der Kölner Innenverteidiger spielte eine klasse letzte Saison und wurde im Kicker-Ranking von nur 4 Akteuren übertroffen. Ganz anders diese Saison, wo der Kölner Kapitän einen Notendurchschnitt von 4,13 hat und in seinem eigenem Team nicht einmal in den Top 11 nach Kicker-Noten zu finden ist. Es ist müssig darüber zu diskutieren, ob die Kapitänsbinde schuld daran ist, Fakt ist dass die Kölner keinen suveränen Innenverteidiger in dieser Saison aufbieten können.

Schaefer wird in allen Bereichen zu arbeiten haben. Köln verzeichnet durchschnittlich drei Schüsse weniger auf des Gegners Tor als noch in der letzten Saison und ist mit Abstand das ungefährlichste Team, wenn es darum geht sich Chancen herauszuspielen.Auch muss er die Disziplinlosigkeit der Kölner in den Griff bekommen. Schon 6 FC-Spieler wurden in dieser Saison des Feldes verwiesen, trauriger Spitzenwert zusammen mit der Hertha aus Berlin.

Generell wird es für ihn darum gehen den Kölner erstmal ein "simples" System einzuimpfen, was die Mannschaft sofort verinnerlichen kann. Solbakken spielte als einer der wenigen Trainer Europaweit ohne Pressing im Mittelfeld, damit waren die Kölner sichtlich überfordert. Hier möchte ich kurz aus dem Spielverlagerung.de -Blog zitieren, der zu den taktischen Entwicklungen und Problemen für Köln vollkommen zurecht anmerkt:

"In der Praxis hatte Solbakken mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Die meisten dieser Kinderkrankheiten resultierten aus der fehlenden Staffelung. Seine Spielidee kannte nur drei Linien: Eine Viererkette in der Verteidigung, eine im Mittelfeld und eine im Sturm. Was zunächst relativ normal klingt, wird in der Praxis jedoch von kaum einem Team mehr in dieser Form praktiziert. Ein Grund, warum das 4-2-3-1 so einen großen Erfolg in den letzten Jahren hatte, war die zusätzliche Linie in der Verteidigung (vier Reihens statt drei).  Selbst Teams, die in einem nominellen 4-4-2 agieren, ziehen im Mittelfeld meist einen Akteur etwas zurück. Es entsteht eine 1-3-Stellung, mit deren Hilfe der Raum zwischen der Verteidigung und dem Mittelfeld abgesichert wird. Die erwünschte Schließung der Zwischenräume ist der Hauptgrund für die Zunahme des 4-1-4-1-Systemes in den letzten Jahren."

Schaefer wäre also gut beraten seinem Team ein kompaktes System zu verschreiben. Hierfür bietet sich sowohl ein 4-4-2 mit zwei kompakten Viererketten und Pressing an-wie Dortmund, Hannover und Gladbach es spielen- als auch ein 4-1-4-1, Dutt und Hecking perfektionierten dieses System in Freiburg und Nürnberg letzte Saison. Auf keinem Fall darf man wieder eine Kombination aus hochstehender Viererkette und keinem Pressing wählen, da dies leicht mit hohen Bällen in den Rücken der Innenverteidiger zu überspielen ist. Dortmund zeigte dies zweimal in dieser Saison brutal auf. Von daher möchte ich auch gerne mit einem Zitat vom Spielverlagerung-Autoren TE, den wir für Rudelbildung vor kurzem interviewt haben, abschließen:

"Als Taktikblogger sind wir immer froh, wenn ein Trainer ein klar erkennbares Konzept verfolgt. Jedoch kann die Fokussierung auf eine bestimmte Spielart zur Folge haben, dass bei Nichterfolg Alternativen fehlen. Genau dies war das Problem Solbakkens bei Köln."

Schaefer sollte versuchen dies zu umgehen, jedoch merkt TE richtig an:

"Das Besorgniserregendste ( bei den Kölnern) ist dabei nicht mal die schwächste Verteidigung der Rückrunde (28 Gegentreffer ist Ligaspitze zusammen mit Hertha), sondern die Planlosigkeit in der Offensive. Selbst wenn Interims-Coach Schaefer die defensive Ordnung verbessert, fehlt es aus dem Mittelfeld an zündenden Ideen. Hier ist auch eine klare Fehlkonzeption in der Kaderplanung erkennbar. Es ist fraglich, wie viel Schaefer in den letzten vier Spielen tatsächlich ändern kann, zumal die Gegner prominent sind: Gladbach, Stuttgart, Freiburg und Bayern sind allesamt entweder taktisch klar stärker oder individuell wesentlich besser besetzt."

Fazit

Bei den Gladbachern darf man nicht vergessen, dass wir von einem Team sprechen, dass letztes Jahr so gerade eben die Klasse halten konnte. Dies ist wichtig zu erinnern, da die Gladbacher dort über Konter zum Erfolg kamen. Gladbach verzeichnete letzte Saison mit Abstand den wenigsten Ballbesitz der Liga. Diese Saison ist Gladbach urplötzlich das Team mit dem zweitmeisten Ballbesitz der Liga. Das so eine Umstellung nicht reibungslos über 34 Spiele verläuft ist verständlich.

Bei den Kölner kann man den Zeitpunkt der Trainer-Entlassung sicherlich in Frage stellen. Nicht, dass man Solbakken entlassen hat (8 Punkte in der Rückrunde sprechen eine deutliche Sprache) sondern wann. Schaefer übernimmt kurz vor dem Rhein-Derby ein Team am Boden mit einem Restprogramm was milde gesagt nicht einfach ist. Köln zog die Notbremse, doch zog diese zu spät. Es ist in etwa damit zu vergleichen, dass ich ab der Mittellinie hinter dem Stürmer hinterher laufe, ihn aber erst im Strafraum umgrätsche.

Es ist also fraglich wie viel Schaefer in so kurzer Zeit verändern kann und da es bei den Gladbachern an Kleinigkeiten hapert, den man mit kleineren taktischen Kniffen entgegen wirken kann, spricht alles für einen Gladbacher Sieg.


Daten von whoscored.com

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