Dienstag, 15. Mai 2012

Manchester City: Petrodollars UND Tradition Anno 2012

Über kaum einen Verein wird soviel geschimpft, gemosert und hergezogen wie Manchester City. Dieser Artikel versucht aufzuzeigen wieso dies auf der einen Seite vollkommen legitim ist, aber eben auch wichtige Fakten-wie Citys Tradition und Standing im englischen Fußball unterschlägt.



Etwas Historie zu City


Dies soll kein Plädoyer für die Citizens werden, jedoch muss man einige Dinge festhalten. Gerne wird City ja als "englisches Hoffenheim" bezeichnet oder als Verein, der keine Geschichte hat und nur durch Petro-Dollars konkurrenzfähig ist. Der letzte Punkt ist zweifelsohne gegeben und gerechtfertigt. 

Blickt man zurück auf die letzten 30 Jahre in Citys Geschichte sieht man eine Fahrstuhlmannschaft und viele Trainerwechsel. Sieben verschiedene Trainer hatte man in den 1980gern. Zahlen über die man sich in Hamburg oder Köln freuen würde, aber doch ein hoher Verschleiß. Auf der sportlichen Seite erreichte man das FA Cup Finale im Jahre 1981, stieg in den nächsten neun Jahren allerdings auch zweimal aus der First Division, der Vorreiter der Premier League, ab.

Der vorläufige negative sportliche Höhepunkt erreignete dann im Jahre 1996 als City zuerst in die 2. Liga abstieg um dann zwei Jahre später in die dritte Liga abzusteigen. Die blauen erlangten damit die zweifelhafte Ehre der erste englische Europapokalhgewinner (dazu später mehr) zu werden, der drittklassig wurde. 

Jetzt werden sich einige wundern: Europapokal und das vor 2008 bevor die Abu Dhabi United Group den Verein kaufte? Ja, korrekt. Manchester City blickt nämlich auf eine lange Geschichte zurück (heutzutage auch gerne als Tradition tituliert), ein weiterer Grund wieso der Vergleich mit Hoffenheim (oder auch Leverkusen und Wolfsburg) gewaltig hinkt.

Die Anfänge von St. Mark`s (ab 1894 Manchester City)

Spötter werden natürlich gerne kommentieren "1880 bzw. 1894-wo waren die denn die letzten 115 Jahre?" und dies ist eine berechtigte Frage. Das Problem ist nur, dass man dieser Frage selber nicht auf den Grund geht, sondern sie als "Argument" benutzt. Wie viele von euch haben dann zum Beispiel schon einmal nachgeschlagen wie die Vereine Manchester City und TSG Hoffenheim die letzten mehr als hundert  Jahre rumgekriegt haben?

Tut man dieses, würde man sofort erkennen, dass City nicht erst seit 2008 eine enorm hohe Anzahl von Fans hat und in Manchester auch das Team der Stadt ist. Wer sich hier einmal verirrt erkennt sofort, dass Manchester blau ist, nicht rot. Auch würde man schnell merken, dass City in England ein sehr wohlgesonnener Verein ist. Zurück zur Geschichte.

Nach dem Gewinn des Titels in Liga zwei im Jahre 1899 stieg Manchester City, wie der Verein mittlerweile hieß, in die höchste Spielklasse, die First Division auf. Hier gewann man im Jahre 1904 dann den FA Cup bevor man im darauffolgenden Jahr abermals in das Pokalfinale einzog, dort aber knapp verlor. City war somit der erste Klub in Manchester der einen größeren Erfolg verzeichnen konnte.

Ist dies gesagt gibt es allerdings keinen Zweifel, dass Manchester United der erfolgreichere Klub in Manchester ist, sowohl was Zuschauerzahlen als auch sportliche Erfolge angeht. Hier spielt United in einer Liga für sich, nicht zuletzt wegen cleverer Vermarktung und gutem Jugendsystem, nicht erst seit den Tagen von Alex Ferguson. Jedoch lohnt es sich einen Blick auf Citys Fanbasis zu werfen. 

Hier kann man hervorheben, dass City, nachdem ein Teil des Stadions abgebrannt war, im Jahre 1923 in ein neues Stadion umzog - Maine Road. Dieses Stadion hatte ein Fassungsvermögen von 80.000 Zuschauern und wurde nicht umsonst "Wembley of the North" genannt. Anders als in Leipzig, wo man ein mega Stadion nur für eine WM gebaut hat, war dieses Stadion nämlich regelmäßig gut gefüllt. 

Eine amüsante Randgeschichte gibt es hier: Eigentlich hatte man geplant ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von 120.000 Zuschauern zu bauen., diese Ambition scheiterte allerdings. 

So man musste sich mit 80.000 "begnügen." Selbst diese Zahl wurde im Jahre 1934 überboten als 84.569 Zuschauer zum Pokalspiel der 6. Runde gegen Stoke City kamen (damals gab es noch nicht so viele Sitzplatz-Kontrolleure und Sitzplätze generell). 

Dies ist selbst an diesem Tag noch englischer Zuschauerrekord (Pokalendspiele ausgenommen). Mit solchen Zahlen und Rekorden können Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim nicht daherkommen, oder?

Post 1945

Eine der sicherlich kuriosesten Geschichten ereignete sich nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Da Manchester Uniteds Stadion von deutschen Flugzugen zerbombt wurde musste Erzrivale United bis 1949 an der Maine Road spielen. Ein legendäres T-Shirt in den 90gern behauptete sogar, dass Uwe Röslers (City Spieler von 1994-1998 mit einer beachtlichen Quote von 50 Toren in 152 Spielen) Großvater Uniteds Stadion dem Erdboden gleichgemacht hätte.







Zurück zum sportlichen Geschehen. Im Jahre 1956 gewann City den FA Cup abermals und dieses Finale wird vielen deutschen vielleicht bekannt vorkommen. Hier spielte der deutsche Keeper Bert Trautmann nämlich die vollen 90 Minuten und später stellte sich heraus, dass er sich schon frühzeitig im Spiel den Nacken gebrochen hatte. Trautmann hatte dies allerdings nicht bemerkt (vielleicht wollte er auch nicht oder hatte zuviel Adrenalin in seinem Körper).

Ende der 60ger hatte City dann seinen vorläufigen Höhepunkt wo man etliche Titel gewann (Meisterschaft 1968, FA Cup 1969 und Europapokal der Pokalsieger und FA Cup 1970) und das vielleicht schönste Ereignis der Vereinsgeschichte ereignete sich einige Jahre später, 

1974. Man schlug den Erzrivalen United am letzten Spieltag und United stieg deswegen ab. Man kann sich die Schadenfreude vorstellen. Mit einem Pokalsieg im Jahre 1976 endete die Blütezeit von City vorerst und man fand sich zwischen First Division und Second Division wieder, Fahrstuhlteam als VFL Bochum, und stieg wie erwähnt im Jahre 1996 dann sogar in die dritte Liga ab.

Die Gegenwart Post 2000

City stieg schnell wieder in die höchste englische Spielklasse auf, stieg wieder ab (Tradition verpflichtet) um dann 2002 wieder in die Premier League aufzusteigen. 

Die letzte Saison an der altehrwürdigen Maine Road folgte in der folgende Saison, wo man erstmals seit 13 Jahren wieder einen Derbysieg über Manchester United feierte. Im neuen Stadion etablierte man sich in den nächsten vier Jahren als ein solider Mittelfeldklub bis im Jahre 2008 die Petro-Dollars kamen und aus einem Verein Marke 1. FC Köln einen Champions League Anwärter machten. 

Die Zeit seitdem ist sicherlich den meisten bekannt, mehr als eine Milliarde Euro wurden in die Hand genommen und der Klub steigerte sich von Saison zu Saison (2010: 5. Platz 2011: FA Cup Sieger und 3. und Meister in dieser Saison)-natürlich begünstigt durch die Kaufkraft der Araber. Money Talks, da führt kein Weg dran vorbei. 

Ausblick und Reflektionen

Wohin führt der Weg von Manchester City? Die Frage kann sicherlich niemand so richtig beantworten. 

Viel wird davon abhängen wie die Idee des Financial Fairplays (man darf nicht mehr ausgeben als man eingenommen hat) von der UEFA umgesetzt wird und wie City darauf regiert (oder die Regeln umgeht?). Fußball-Fans sollten sich jedoch generell darauf einstellen, dass die Top Four entweder durchgerüttelt wurde und ein neues Mitglied hat oder wir eine Erweiterung dieser sehen werden. 

Auch ein Zusammenbrechen dieser ehemaligen Kräfteverhältnisse erscheint nicht unwahrscheinlich, wenn man diese Saison sah wie die Premier League zu Manchester gegen den Rest mutierte. Es wäre dem englischen Fußball zu wünschen, dass dies nicht der Fall ist. Allerdings muss man hier auch hervorheben, dass das englische System mit seinen Investoren dazu einlädt und es dann eben nicht nur eine Frage von taktischem Geschick und gutem Scouting, sondern auch von schierer Kaufkraft ist.

Diese Kritik an Manchester City ist vollkommen legitim und muss auch so geäußert werden-sie untergräbt allerdings einen wichtigen Punkt: Manchester City ist ein "Kommerz-Verein" vielleicht auch ein "arabisches Spielzeug" aber es ist auch ein Verein mit großer Tradition. Deswegen kann man den Klub nicht auf eine Stufe mit Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg oder RB Leipzig stellen. Dies ist schlicht und einfach unsachlich. 

Guckt man sich die Zahlen an wird es schnell offensichtlich, dass Manchester City eine sehr große Fanbasis hat, besonders wenn man es mit dem geringen sportlichen Erfolg vergleicht. Erfolgsfans wird es immer zur Genüge geben, davon kann man in Dortmund gerade ein Lied singen, auch Manchester United kennt dies genau wie der FC Barcelona. Das selbe passiert jetzt gerade mit Manchester City. Was jedoch wichtig hervorzuheben ist, ist das der Verein auch vorher eine große Basis hatte.

Selbst in den 90gern als man in der 3. Liga spielte hatte man einen Zuschauerdurchschnitt von mehr als 30.000 Zuschauern (der Ligadurchschnitt lag bei 8000). Die Stadt Manchester ist blau, mehr Dauerkartenbesitzer der Citizens kommen aus Manchester im Vergleich zum Rivalen United und nur ein Team verfügt über eine treuere Fanbasis in England (laut einer Studie der Premier League im Jahre 2007-also bevor die Petro-Dollars rollten). 

Dies sind Fakten über die weniger gesprochen wird, genau wie selten erwähnt wird, dass City "everyone's second favourite club" ist, weil der Klub Jahrzehntelang so unberechenbar und damit unterhaltsam war. Auch am Samstag hörte man von vielen wieder den legendären Spruch "typical City" als Mancinis Team drauf und dran war den Meistertitel doch wieder zu verspielen. Dies sind Dinge, die sich im englischen Fußball über Jahrzehntelang entwickelt haben und in vielen anderen Klubs als Tradition verschrien wären. Auch Manchester City hat Tradition-und zwar jede Menge.

All diese Dinge gehören genauso zu Citys Geschichte wie das viele Geld. Und wer bei der Meister-Parade war konnte spüren wie wichtig der Titel für die Stadt und die vielen Fans der blauen ist. Es sei Ihnen gegönnt.

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