Sonntag, 29. April 2012

Die Rudelbildung Vorschau zu Manchester City-Manchester United

Laut englischen Medien ist es nicht nur das Spiel der Saison, sondern das größte Spiel, das die Premier League in ihren 20 Jahren gesehen hat. Gewiss eine der größeren Übertreibungen der Neuzeit, aber spannend ist es allemal. Manchester City empfängt Manchester United in einem proklamierten Endspiel um den Titel. Werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Fragen vor dem Lokalderby.


Die Ausgangslage

Der Rekordmeister United führt die Tabelle vor dem lauten, blauen Nachbarn mit drei Zähler an. United genügt also ein Unentschieden um die bessere Ausgangslage zu wahren. Bei einem Sieg für Fergusons Jungs wäre das Meisterschaftsrennen de Facto entschieden. In den letzten 2 Begegnungen empfängt man den Aufsteiger Swansea City und reist nach Sunderland am letzten Spieltag, ein machbares Programm wenn man die auswärtsschwäche von Swansea bedenkt und Sunderland um die goldene Ananas spielt.

Mancinis Team hat zwar drei Punkte Rückstand, aber die bessere Tordifferenz. Mit einem Sieg würde man also die Tabellenführung übernehmen. Das Restprogramm kann jedoch getrost als das schwierigere bezeichnet werden. So reist man noch zum Champions League Aspiranten aus Newcastle mit Torjäger Cisse und empfängt am letzten Spieltag QPR, die um den Klassenerhalt kämpfen. 

Auch wenn dieses Duell also zum Endspiel um den Titel propagandiert wird muss man festhalten, dass Manchester United weiterhin der Favorit auf den Titelgewinn bleiben wird-selbst bei einer Niederlage am Montag Abend. Jedoch würde dann das Momentum die Seite wechseln, der vielleicht entscheidende Vorteil auf den Zielgeraden für City.


1 35265486:325483
2 35255587:276080


Tabelle von kicker.de

Was für ein Spiel kann man erwarten?


Aufgrund der Ausgangslage, United kann mit allem außer einer Niederlage leben und City muss gewinnen, kann man davon ausgehen, dass City die Initiative ergreifen wird.

United hat Auswärts generell weniger Ballbesitz als Zuhause (ca. 4,5%) und City Zuhause etwas mehr als Auswärts (2,5%). Die Ausgangslage gibt dem Spiel einen weiteren Indikator dafür, dass die blauen die Initiative ergreifen werden.

Wer einen Sturmlauf von der Heimmannschaft erwartet wird jedoch enttäuscht sein. Ähnlich wie im Heimspiel gegen die Bayern wird City versuchen über lange Kurzpass-Ballstafetten den Gegner mürbe zu spielen um dann zu zuschlagen. Hier setzt man oft auf die Genialität von Silva oder den anderen offensiven Protagonisten. Nicht überraschend spielt kein Team mehr "tödliche" Pässe als City. Zu einem langen Ball greifen die Blauen eher selten, nur Arsenal spielt weniger lange Bälle. Nörgler, die England weiterhin als Kick-Rush Fußballland sehen werden hier also enttäuscht sein-die meisten Fußballfans wird es sicherlich erfreuen.

Nicht überraschend hat City die beste Pass-Quote der Liga bei Heimspielen, verzeichnet aber trotzdem weniger Torschüsse als United und Tottenham. Das man generell nicht blind alles nach vorne wirft wird auch dadurch verdeutlicht dass nur ein Team weniger Torchancen zulässt als City und nur Arsenal mehr Kontertore erzielt hat in dieser Saison. Mancini rührt also keinen Beton an, er serviert aber wahrlich auch keine Trüffel.

Die Red Devils reisen trotz den Punkteverlusten der letzten Wochen mit einer komfortablen Ausgangsposition gen Eastlands. City muss gewinnen, den Gästen reicht ein Punkt und selbst mit einer Niederlage wäre man noch in einer akzeptablen Position, bedenkt man Citys Trip nach Newcastle nächste Woche. 

United erspielt sich Auswärts wesentlich weniger Chancen als Zuhause, ganze acht Stück weniger sind es Durchschnitt, zeigt sich aber nicht minder Effektiv. Kein Team hat Auswärts mehr Treffer erzielt, kein Team weniger kassiert. Auch agiert man in der Ferne wesentlich pragmatischer, Kritiker nennen es langweiliger, als Zuhause. 

Ein Indiz hierfür ist, dass besonders die Außenspieler wesentlich seltener ins Dribbling gehen als bei Heimspielen. Jedoch lässt sich generell festhalten, dass United primärer Zugang über die Außen ist. Man operiert mit vielen Flanken über die rechte Valencia-Seite, während man links eher dazu neigt in die Mitte zu ziehen, was sich mit den inversen Wingern Young und Nani erklären lässt.

Auch ein Blick auf Standardsituationen lohnt sich. Nur Blackburn trifft öfter nach einem ruhenden Ball als die beiden Manchester Klubs. Wenn es darum geht vom Elfmeterpunkt zu treffen übertrifft keiner die beiden Lokalrivalen. Ein Tor nach einer Standardsituation ist also mehr denn je wahrscheinlich. Man sollte sich allerdings nicht davon blenden lassen, dass beide Teams mit Abstand die meisten Treffer erzielt haben. Auch wenn das Hinspiel (6:1) ganze sieben Treffer bescherte sind torreiche Spiele eher die Ausnahme. So fielen in sechs der letzten zehn Partien weniger als drei Treffer.

Welche Spieler werden entscheidend?

In einem Duell wie ist es angesichts der Qualität der 22 Spieler auf dem Platz natürlich schwierig einzelne zu glorifizieren, jedoch gibt es sicherlich ein paar, denen diese Ehre gebührt.

Das Torhüter-Duell

Generell kommt natürlich auf beide Torhüter eine menge Arbeit zu. Joe Hart ist zusammen mit Swanseas Keeper Vorm der beste Torhüter der abgelaufenen Saison, sein Gegenüber de Gea hat sich im laufe der Saison stabilisiert. Der Spanier bestritt in den letzten Wochen gegen Wigan und Everton jedoch schwächere Partien. Dies bedeutet nicht, das die Blauen hier zwangsläufig einen Vorteil haben-de Gea fehlt die Konstanz, das Potential eine Weltklasse-Leistung am Montag abzurufen hat er jedoch immer.

Die Abwehrchefs

Auch das Duell der Abwehrchefs wird interessant. Auf Seiten von City sprechen wir hier natürlich vom ehemaligen Hamburger Kompany, der zusammen mit Arsenals Vermaelen um den Titel als bester Innenverteidiger der abgelaufenen Saison streiten wird. Auf Seiten von United hätten viele nach dem Ausfall von Vidic sicherlich den Namen Rio Ferdinand erwartet, es spielte sich jedoch jemand anderes in den Vordergrund: Jonny Evans. 

Vor einigen Jahren noch verschrien als ein Spieler, der nicht die notwendige Klasse für einen Top-Verein besitzt, hat sich Jonny diese Saison zu Uniteds bestem Innenverteidiger gemausert. Hierbei besticht er durch gute Spieleröffnung und gutes Zweikampfverhalten. Er glänzt hierbei auch durch seine Fairness-im Durchschnitt foult Evans nur einmal pro Spiel. Er wird die 1:6 Klatsche aus dem Hinspiel in besonders bitterer Erinnerung haben, verursachte er hier den Elfmeter zum 0:2 und sah die rote Karte.

Das Mittelfeld

Im Mittelfeld kann man die entscheidenden Duelle grob in zwei Teile unterteilen: den defensiven und den offensiven Part. 

Barry gegen Carrick

In der Defensive wird das interessante Duell Barry gegen Carrick heißen. Barry nimmt hier die Rolle als Staubsauger im City System ein, je nachdem wer sein Partner sein wird (De Jong oder Yaya Toure) kann man seinen Einfluss auf das Spielgeschehen bewerten. Toure ist die offensive Variante, De Jong die defensiv robustere. 

Für United bestreitet Carrick in dieser Saison die Rolle als "Mini-Spielmacher", wurde jedoch durch die Rückkehr von Paul Scholes deutlich entlastet. Michael spielt die sicheren Pässe und ist besonders als Ruhepool im Mittelfeld Gold wert für die Red Devils. Jedoch obliegt ihm eine weitere wichtige Rolle in Uniteds flügellastigem Spiel, nämlich sich nach vorne einzuschalten um Rückpässe höhe des Strafraums zu verwerten. So erzielte er auch im Hinspiel einen Treffer und es wird an Citys Doppel-6 liegen ihn hier einzudämmen.

Silva gegen Valencia

Im Offensiven Mittelfeld wird das Duell grundsätzlich Silva gegen Valencia heißen. Schauen wir uns das Duell zwischen Silva und Valencia an treffen hier zwei sehr unterschiedliche Typen aufeinander. Valencia ist der klassische, fast ausgestorbene, Flügelflitzer der in den meisten Fällen die Grundlinie entlang geht um dann eine Flanke zu schlagen. Nicht umsonst verzeichnet Antonio satte 13 Vorlagen in 20 Einsätzen und ist hiermit der Spitzenreiter gemeinsam mit eben seinem Kontrahenten Silva.

Auf Seiten von Manchester City ist David Silva mehr das Produkt eines klassischen Spielmachers, der aber auf der rechten Seite eingesetzt wird. Der Spanier ist hier jedoch ein "Anti-Robben." Er zieht nämlich zumeist in die Mitte um von dort den finalen Pass auf einen Mitspieler zu spielen. So spielt Silva fast 3 "key-passes" pro Spiel, nur Mata übertrifft ihn hier, und verzeichnet ebenfalls schon 13 Torvorlagen. Man kann hier also getrost von dem Duell der unterschiedlichen Ideen sprechen: Silva als inverser Spielmacher, Valencia als klassischer Flügelflitzer.

Kun Agüero gegen Rooney

Im Angriff begrenzen wir unsere Vorschau auf den Vergleich Kun Agüero gegen Rooney. Beide Teams verfügen mit Welbeck, Chicarito und Nani mit Abstrichen sowie Balotelli, Dzeko und Tevez über geballte Offensivpower, doch diese zu analysieren würde den Rahmen sprengen. 

Wayne Rooney ist zusammen mit Robin van Persie wahrscheinlich der Stürmer der abgelaufenen Saison in der Premier League. 26 Treffer in 29 Partien sprechen Bände, nicht umsonst wurde der Stürmer insgesamt schon achtmal Man of the Match in dieser Spielzeit. Was man jedoch fast noch mehr hervorheben muss ist seine Disziplin. So sah Rooney in der gesamten Saison noch nicht eine einzige Karte! Keine Selbstverständlichkeit für einen Heißsporn wie Wayne.

Viel höher bewerten kann man nur die Variable Spielweise von Rooney. Ich kenne wenige Stürmer, die genauso gut als defensiver Mittelfeldspieler, Spielmacher und in seinem Fall wahrscheinlich auch als Innenverteidiger auflaufen könnten. Rooney hat die Spielintelligenz, die Technik und besonders das taktische Verständnis um alle diese Positionen zu bekleiden. Vielleicht ist dies eines der großen Probleme des Engländers in Bezug auf seine Nicht-Berücksichtung zur Wahl des Weltfußballer des Jahres (abgesehen davon, dass die Konkurrenz stark ist). Darum sollte man auch nicht ausschließen, dass Rooney vielleicht in einer anderen Rolle agieren wird am Montag.

Bei den Blauen hat ein Neuzugang besonders eingeschlagen: Kun Agüero. Nicht nur durch seine 22 Treffer in gerade einmal 28 Partien, sondern auch durch seine Defensiv-Arbeit für das Team. Während Balotelli und Dzeko eher sporadisch nach hinten aushalfen und Tevez monatelang in Argentinien auf dem Golfplatz sein Handicap verbesserte, erwies sich Kun als die Konstante im Sturm der Citizens. 

Obendrein fiel der Argentinier auch durch seine mannschaftsdienlichkeit auf und legte ganze 7 Treffer für seine Mitspieler auf-nur van Persie und Tottenhams Adebayor verzeichnen mehr. Ähnlich wie Roney ist auch Agüero kein klassischer Mittelstürmer (diese sterben so langsam auch aus), sondern arbeitet viel und weicht viel auf die Flügel aus. Es wäre nicht verwunderlich, wenn Mancini ihn über den linken Flügel kommen lässt um mit Yaya Toure auf der Zehn zu operieren.

Fazit

Aufgrund der überragenden Heimbilanz, 16 Siege bei einem Unentschieden, würden viele City als Favoriten sehen. United hat jedoch im FA Cup bewiesen, dass man auch die Festung Etihad einnehmen kann, als man in einem kontroversen Spiel mit 3:2 triumphierte. Auch der psychologische Aspekt in diesem Duelle ist nicht zu unterschätzen. Michael Ballack urteilte zuletzt nicht umsonst, dass 89-90% des Erfolges für einen Fußballspieler im Kopf entschieden werden. Dies wirft also die Frage auf, ob United mit seiner Erfahrung nicht einen Vorteil gegenüber City hat, die allgemein als Favorit in diese Begegnung gehen?

Die Red Devils sind außerdem mit Abstand das auswärtsstärkste Team der Premier League und stehen trotz einigen schwächeren Leistungen in den letzten Wochen nicht unter dem immensen Druck wie der Lokalrivale. Mancini hat es zwar mittlerweile geschafft seine Mannschaft zu einem ernsthaften Meisterschaftskandidaten zu formen, nicht wenige bemängeln aber den ausbleibenden Erfolg der Citizens. Der Lokalrivale scheint hier auch weiterhin einen Schritt voraus, ein schmerzhaftes Eingeständnis für die arabischen Investoren. Geld kauft in diesem Fall anscheinend nur begrenzten Erfolg.

Egal wie dies Duell enden wird lässt sich jetzt schon festhalten, dass der Titel auswärts gewonnen/verspielt wurde. Uniteds bärenstarke Auswärtsbilanz,  8 Punkte mehr als City bei einem Spiel weniger, konnten die blauen nicht mit ihrer Heimbilanz ausmerzen und als Titelkandidat nur die Hälfte seiner Auswärtsspiele zu gewinnen ist ganz einfach nicht gut genug.

Viel wird auf Mancinis Besetzung der Außenverteidiger ankommen, wählt er (wie zu erwarten ist) die defensive Variante mit Clichy und Zabalata beugt er dem Flügel-Spiel Uniteds vor. Dies könnte sich jedoch negativ auf das Angriffsspiel auswirken. Inverse Flügel wie Silva und Kun oder Nasri brauchen Außenverteidiger für die notwendige Breite in ihrem Spiel. Auch die Frage wer auf der 10 agieren wird bei City ist sehr interessant-wird es Yaya Toure, Agüero, Nasri oder vielleicht Tevez? Und wie entscheidet sich Alex Ferguson bei seiner Besetzung der Flügel, wenn es zwei aus drei heißt mit Valencia, Nani und Young? Auch im Sturm lautet die Frage Welbeck oder Chicarito-oder vielleicht sogar beide und Rooney im zentralen Mittelfeld? All diese Fragen sind jetzt schwer zu beantworten, bedenkt man die Auswahl, die beide Trainer haben

Die wichtigste Frage kann jedoch mit fast 100% Sicherheit jetzt schon beantwortet werden: Der Titelkampf wird voraussichtlich nicht an diesem Montagabend entschieden, sondern vorentschieden. Manchester United wird unabhängig des Ergebnisses der Favorit auf den Titelgewinn sein (bleiben).

Tabelle und Daten von kicker.de und whoscored.com

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