Samstag, 4. Februar 2012

„Support your local football team“ - Holstein Kiel vor dem Pokalkracher. Ein Beitrag von Holstein-Fan Leif:

„Support your local football team“ - dieser gängige Spruch war für „viele“ Schleswig-Holsteiner lange Zeit der einzige plausible Grund einem Spiel der KSV Holstein im über 100 Jahre alten Holstein-Stadion beizuwohnen. Guter Fussball wurde selten gezeigt, die Stimmung auf den mit zwischen 2000 und 3000 Zuschauern besetzen Rängen oft eher schlecht als recht und außerdem gibt es mit dem HSV und den Handballern vom THW schwerwiegende Konkurrenz in der Region.


Doch all diese Faktoren scheinen in dieser Saison außer Kraft gesetzt. Holstein Kiel ist in der Öffentlichkeit präsent wie noch nie in der 111-jährigen Vereinsgeschichte und zu einem Heimspiel wären, wäre die Stadion-Kapazität nicht auf ca. 11 500 begrenzt, an die 100 000 Karten verkauft worden. Was ist in der Landeshauptstadt bloß passiert?


Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Pokal! Dieser grandiose Wettbewerb zeigt, wieder einmal, warum es ihn gibt: Ein große Bühne für die Kleinen. Denn Holstein Kiel steht, überhaupt erst als zweiter Viertligist, im DFB-Pokal Viertelfinale. 

Nach Siegen über Cottbus, Duisburg und Mainz  kommt nun der amtierende Deutsche Meister aus Dortmund. Das allein müsste eigentlich schon Erklärung genug sein, doch es steckt noch mehr dahinter. Denn Holstein steht nicht umsonst im Viertelfinale. 

Es hat ein Umdenken bei der KSV, ansonsten bekannt für teilweise gealterte „Stars“, die größtenteils im Herbst ihrer Karriere noch einmal gutes Geld in Kiel verdienen wollten, stattgefunden. Statt „Trainergrößen“ wie Falko Götz findet man einen waschechten Kieler und Holsteiner auf der Trainerbank; Thorsten Gutzeit.

Zusammen mit Sportdirektor Andreas Bornemann ist es gelungen, nach einem Konsolidierungsjahr nach dem 3.Liga Abstieg, eine schlagkräftige Truppe auf den Platz zu stellen, die auch in der Regionalliga nur einen Punkt hinter Spitzenreiter (Red Bull) Leipzig steht. Diese Mannschaft scheint nicht nur charakterlich mehr als nur im Takt zu sein, sie spielt auch herzerfrischenden Fussball – sicherlich auch ein Grund für den derzeitigen Run auf Holstein.

Aber auch abseits des Platzes erhitzt das Pokalspiel die Gemüter. Nach dem furiosen Sieg über Mainz wurde in der anschließenden Live-Schaltung nach Kiel doch ein wenig übertrieben. 

Denn in Millionen Wohnzimmer schallte der, bei Gastspielen der Borussia fast schon traditionelle, Schlachtruf „BVB Hurensöhne“. Dies sorgte selbstverständlich nicht nur für lächelnde Gesichter im Ruhrpott. 12 000€ Geldstrafe waren die Folge. Ob es dann noch nötig war ein, meiner Meinung nach mehr als peinliches, Entschuldigungsvideo nach Dortmund zu schicken sei mal dahingestellt. Trotzdem trüben die Diskussionen rund um dieses Video schon ein wenig die Pokal-Vorfreude. Dazu gesellt sich dann noch der bei vielen Enttäuschten, die keine Eintrittskarte bekommen haben,  vorhandene Frust über einen Vorverkauf der sicherlich nicht perfekt abgelaufen ist. Jedoch bot sich jedem Holsteiner lange vor dem Pokalspiel die Chance eine Rückrunden-Dauerkarte zu erwerben womit auch ein Vorkaufsrecht auf das Dortmund-Spiel möglich gewesen wäre. Dumm gelaufen.

Trotz allen Komplikationen im Vorfeld, zu denen auch noch eine fehlende Rasenheizung gehört, herrscht in Kiel, und wenn man ehrlich ist in der ganzen Region, eine gewisse Pokal-Euphorie. Viele freuen sich, mich eingeschlossen, dass man in Kiel endlich auch einmal über etwas anderes berichtet als den THW, dass endlich auch mal wieder der Deutsche Fussball-Meister von 1912 im Mittelpunkt steht. Damit ist der größte Erfolg eigentlich schon eingefahren, noch bevor der Anpfiff ertönt ist. Denn verlieren kann dieses Spiel eigentlich nur einer – der BVB.


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