Sonntag, 13. Mai 2012

"Die Angst geht um in München"-eine absurde Debatte in der Medienlandschaft

Borussia Dortmund stellte gestern Abend ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis, dass man National momentan das Maß aller Dinge ist und schlug den FC Bayern im DFB-Pokalfinale mit 5:2. Hochverdient, keine Frage (auch wenn einige Bayern-Akteure dies anders sahen), doch die interessante Diskussion begann eigentlich erst danach.



"Beim FC Bayern geht die Angst um" titelt Fussball.de und man fragt sich wieso? Einige heben hervor, dass Bayern vielleicht auch den dritten Titel "verspielt" und das Champions League Finale verliert am kommenden Samstag. Wieso sollte das aufgrund des Pokalfinales der Fall sein?


Einige Hobby-Psychologen machten sich sofort an zu "analysieren", dass das Selbstbewusstsein der Bayern jetzt gehörig angeknackst wäre. Doch hier vergisst, man einen entschiedenen Punkt: Das Pokalfinale, die Bundesliga und das Champions League Finale sind komplett unterschiedliche paar Schuhe.

Das Pokalfinale

Dortmund gewann das Pokalfinale hochverdient, ich denke das wird niemand ernsthaft anzweifeln. Jedoch zu behaupten, dass Dortmund die Bayern spielerisch an die Wand genagelt hätte wäre auch eine Mär. 

Die Dortmunder profitierten von einem frühen Führungstor, das zwar auch durch gutes Pressing ermöglicht wurde, aber eben auch durch katastrophale Abspielfehler sowie schlechtem Stellungsspiel der Bayern. Diese Führung spielte dem BVB natürlich brutal in die Karten, da man sein abwartendes, schnelles Umschaltspiel so perfekt aufziehen konnte. 

Als die Bayern nach dem Ausgleich leichtes Oberwasser hatten zerstörten sie sich ihre Siegeschancen abermals als Boateng zu einer total unnötigen Grätsche im Strafraum ansetze. Das selbe war auch schon der Fall bei Bayerns Elfmeter gewesen (wo Weidenfeller völlig übermotiviert rausgestürzt war), die gesamte erste Halbzeit zeichnete sich also nicht durch überragendes Kombinationsspiel aus, sondern dadurch dass Dortmund weniger grobe Fehler beging und die der Bayern eiskalt ausnutzte. 

Dies ist eine Qualität, keine Frage, aber Bayern wird dadran nicht zerbrechen. Selten hat man die Bayern so schwach gesehen wie gestern, und selten war der Gegner eben auch genauso gut wie Borussia Dortmund.

Als Bayern in der zweiten Halbzeit dann versuchte zurück zu kommen stießen sie logischerweise an ihre Grenzen. Ein Team wie die Dortmunder, dass so gut verteidigt, lässt sich keine Führung in dieser Größenordnung mehr nehmen, besonders nicht mit den Offensivkräften. Lewandowski ist vielleicht der Prototyp des 4-2-3-1 System, kaum ein Spieler macht Bälle so gut fest wie der Pole. Logischerweise liefen die Bayern also immer wieder in Konter.

Und auch in der 2. Halbzeit kassierten die Bayern zwei Gegentore die getrost in die Kategorie eklatante Fehler eingeordnet werden können.  Unterm Strich Pokalfinale hochverdient verloren, doch wieso sollte jetzt die Angst umgehen?


Das Spiel mit der Angst

Wie schon erwähnt wird jetzt der große Psychologen-Test in Deutschland ausgerufen und man versucht eine Angst im Lager der Bayern festzumachen. Um es direkt zu sagen, dass ist einfach Mumpitz.

Die Bayern haben eine überragende Saison gespielt, sowohl in der Bundesliga als auch im DFB-Pokal. In den meisten Fällen wäre man mit den gezeigten Leistungen auch Double-Gewinner, auf jeden Fall aber deutscher Meister geworden. Der Grund dass dies in dieser Saison nicht geschah ist simpel: Dortmund ist nicht nur der beste Meister der Bundesliga-Geschichte, sondern wahrscheinlich auch das beste Team was man in der Bundesliga in den letzten 20-25 Jahren gesehen hat.

Ein junges Team was auf einem klaren Konzept beruht, dass dazu auch ohne Druck aufspielen kann und eine sportliche Führung hat, die nachhaltig arbeitet und auf dem Transfermarkt überragend arbeitet. Wie eine Zeitung mal titelte:

"Klopp kauft keine Ferraris, er baut sie"

Er baut sie jedoch mit der Vorrausetzung, dass die Bremse (Großkreutz) auch mit dem Hinterrad (Schmelzer) funktioniert und ein Ausfall einer dieser Komponenten sich nicht negativ auf das Fahrverhalten des Kloppschen Enzos auswirkt.


Dies ist der Unterschied zu den Bayern, wo man zwei V12 Motoren (Ribery und Robben) hat, diese aber in der Luft hängen wenn der Auspuff (Schweinsteiger und Kroos) knattert, da man in der Werkstatt nur schlechte Ersatzteile hat (Tymo und Pranjic), die sich zwar gut an einem VW Golf machen würden, aber eben nicht an einem Ferrari.

Das hat es so in den letzten 20-25 auf diesem Niveau nicht gegeben. Natürlich gab es "kleinere" Teams wie Freiburg, die jahrelang überragend gearbeitet haben, auch Nürnberg ist momentan so ein Beispiel, doch in der Spitze gab es dieses Team neben den Bayern nicht (von Leverkusen mal abgesehen vielleicht-doch dies beruht auch sehr auch der Kaufkraft Bayers). Bayern ist also an einer Übermacht gescheitert, hat aber keine schlechte Saison gespielt.

Selbst wenn man das Champions League Finale verlieren sollte, wovon ich nicht ausgehe, kann niemand ernsthaft behaupten, dass Bayern eine enttäuschende Saison gespielt hat. Dies spiegelt jedoch auch eine mehr generelle Diskussion im Fußball und dem Leben wieder: der materielle Ansatz.

Ein anderes Beispiel um dies zu veranschaulichen:

Der FC Liverpool hat den Carling Cup gewonnen, das Finale des FA Cups erreicht (wo man gegen Chelsea verloren hat) findet sich in der Liga aber meilenweit von den Champions League Plätzen wieder. Nun gibt es zwei Interpretationsmöglichkeiten:

Die einen sagen, Liverpool hat eine gute Saison gespielt, weil man endlich mal wieder "Silverware" gewonnen hat. Die anderen, und dazu gehöre ich, sagen das Liverpool eine enttäuschende Saison gespielt hat, weil für Liverpool nur die Champions League Qualifikation zählt. Nimmt man Liverpools Investitionen im vergangenen Sommer noch hinzu kann man in meinen Augen nur von einer enttäuschenden Saison sprechen ( Das selbe wäre der Fall für Chelsea wenn man das CL-Finale verliert).

Doch ist nicht der Fall bei den Bayern. Dreimal überragender zweiter ist besser als wie Liverpool einen Pokal zu gewinnen und ansonsten zu enttäuschen. Die Bayern würden sich ärgern, dass man das Finale im eigenen Stadion verlor, aber könnten auf eine überragende Saison zurückblicken, in der man den reichsten Verein der Welt, und vermeintlich englischen Meister, Manchester City vorführte und die Königlichen aus Madrid vollkommen verdient über zwei Spiele schlug. 

Bayern hat über die ganze Saison, mit einem schwachen Kader in der Breite, bewiesen wie stark dieser Verein und das Team ist, das kann den Münchenern keiner nehmen. Jedoch muss der Kader natürlich in der Breite verstärkt werden und man muss sich taktisch weiterentwickeln.

Auch wenn Medien jetzt versuchen eine Angst festzumachen wird es diese nicht geben. Mund abputzen, weiter machen. Wie Oliver Kahn auch richtig sagte wird es die Bayern-Spieler wurmen, aber ab morgen richtet sich der Fokus auf das Finale gegen Chelsea. Und da wird keiner darüber nachdenken: 

"Was, wenn wir verlieren?" 

Verlieren ist keine Option.

Es bleibt also bis jetzt nur festzuhalten: Bayern war richtig gut diese Saison (Pokal, Liga, Champions League) hat sich aber nirgends die Krone aufgesetzt. 

Das ist der Unterschied zu Borussia Dortmund, die in der Champions League unglaublich schwach waren, dafür aber in der Liga Weltklasse waren und im Pokal, auch mit Losglück, bis ins Finale vordrang und dieses in einem "55:45" -Spiel hochverdient gewann. Es ist eben schwer für den FCB eine Mannschaft zu schlagen, die in dem gesamten Jahr 2012 nur dreimal Unentschieden gespielt hat.


Was bedeutet Bayerns Abschneiden für die Titelhoffnungen der Nationalelf?


Auch diese Diskussion ist allmählich entstanden. Ein Leser schrieb: 

"Ich mach mir ein wenig angst um die Nationalelf. 2002 hatte Leverkusen 3 Titel verspielt und wir wurden nur zweiter bei der WM! Und so richtig gut drauf, außer Lahm war, bei den Barzis gestern keiner, naja Schweini immerhin mit aufsteigender Tendenz."



Auch hier kann man denke ich beruhigen. Das deutsche Team 2002 gehört sicherlich zu den schwächsten, was man in den letzten Jahrzehnten zu bieten hatte, dies wurde auch durch das katastrophale Abschneiden bei der EM 2004 verdeutlicht. Die meisten werden sich daran erinnern, wie Oliver Kahn die DFB-Elf fast alleine ins Finale fausten, hechten und schreien musste. Assistiert wurde hierbei von Michael Ballack, ein Leverkusener, der oft das entscheidende Tor schoss. Bei Ballack war kaum von einem psychologischen Knacks zu sprechen, das selbe galt für Oliver Neuville.

Auch sollte man sich in die Erinnerung rufen, dass Deutschland in seiner Vorrundengruppe nicht eine Sekunde die "Möglichkeit" hat nachlässig zu sein. Dies wird Löw auch nicht zulassen.

Man muss sich also weder Sorgen um die Bayern noch um die deutsche Nationalmannschaft machen. Und deutsche Medien würden sympatischer werden, wenn man sich mehr mit den positiven Aspekten der Bayern Saison auseinandersetzen würde anstatt aus einer Finalniederlage sofort eine psychologische Krise zu spinnen. 

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