Montag, 9. April 2012

Die Rudelbildung Vorschau zum 30. Spieltag-der Gipfel zwischen Dortmund und Bayern. Das Hinspiel


Es ist auf dem Papier das Highlight der Saison. Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München, der Tabellenführer gegen den engsten Verfolger, die vielleicht kommende Macht im deutschen Fußball gegen den deutschen Rekordmeister-man könnte sich in Superlativen überschlagen. Von daher war es auch nicht überraschend, dass die Begegnung auf unserer Facebook-Seite eindeutig zum Spiel der Woche auserkoren wurde. Nun werden wir versuchen euch die wichtigsten Aspekte dieses Spiels näher zu bringen. Dafür bedienen wir uns in diesem ersten Teil der Vorschau dem Hinspiel. Da Historiker ja gerne aufzeigen, dass sich alles in der Geschichte wiederholt, werfen wir einen Blick auf das Hinspiel und entscheidende Aspekte dort.

Borussia Dortmund-FC Bayern München

Das Hinspiel

1:0. Durch einen Treffer von Mario Götze, den ersten Heimgegentreffer für die Bayern nach 542 Minuten in der Bundesliga, gewann der BVB in einem engen, aber alles andere als hochklassigen Spitzenspiel bei Bayern München mit 1:0.  Für Taktik-Fans war die Begegnung allerdings hochinteressant und Dortmund rückte damit wie bis auf zwei Punkte an den Tabellenführer aus München heran.

Werfen wir einen Blick auf das Hinspiel, welches der Kicker als "taktisches Geplänkel" abtat, während es für Taktik-Freunde eine Wonne war und was es uns für morgige Begegnung verraten könnte.



Die Bayern mussten auf Schweinsteiger verzichten, während bei den Borussen Santana ausfiel. Dem proklamierten Gipfel beeinflusste dies natürlich, es entwickelte sich aber trotzdem eine temporeiche Partie. Auf dem Papier liefen beide Teams im bevorzugten 4-2-3-1 auf, im Spiel ergab sich doch auf beiden Seiten, aufgrund des pressings von Müller und Kagawa, eher ein reines 4-4-2. Beide Teams hatten hierbei ihre bevorzugten Angriffs-Seiten.

Bayern über rechts, Dortmund über links

Auf Seiten der Bayern war Arjen Robben in die Start-Elf zurück gekehrt und dies machte sich bemerkbar. 38% aller Angriffe fuhren die Bayern über seine rechte Seite, jedoch zumeist ohne Erfolg. Robben enttäuschte auf ganzer Linie und wurde folgerichtig (zu spät?) in der 72. Minute ausgewechselt. Ein großes Lob muss man hier Kevin Großkreutz aussprechen, der äußerst tief agierte um Robbens Kreise zu unterbinden. Ein guter taktischer Schachzug der Dortmunder, die so den Überraschungsmoment der Bayern mit Robbens Aufstellung konterten.

Ribery war der wesentlich aktivere Außen der Bayern und verzeichnete nicht überraschend die meisten Torschüsse und Dribblings für die Münchener. Dies zum trotz, dass auch Mario Götze tiefer als gewohnt agierte um die Kreise des Franzosen zu stören. Damit nahm man gleichzeitig Kroos die Möglichkeit im Mittelfeld die Schweinsteiger-Rolle zu übernehmen, da man durch Götzes Einrücken das Zentrum überluden. Insgesamt agierten die Dortmunder hier ähnlich wie beim 3:1 Auswärtssieg in München in der vergangenen Saison, wo man "Robery" ebenfalls mit gezieltem Doppeln/Trippeln größtenteils aus dem Spiel nahm. Gerade Schmelzer unterband auch immer mit kleinen, taktischen Fouls den Spielfluss der Bayern, so foulten die Dortmunder insgesamt mehr als doppelt soviel wie die Bayern.

Der Fehler der Münchener war, dass sie zu viel durch die Mitte oder mit einem Dribbling versuchten, und so die Flanken vernachlässigten. Erst in der 54. Minute schlug man die erste Flanke, ein Symbol der einseitigen Angriffsbemühungen der Münchener. In 90 Minuten schlugen die Bayern nur 3 Flanken, allesamt von rechts und in der zweiten Hälfte. Hier muss man allerdings auch Rafinha und Lahm einen Vorwurf machen, da diese nicht genug ins Angriffsspiel eingebunden waren. Ein Lob gilt hier allerdings besonders Großkreutz, der durch seine Laufarbeit dafür sorgte, dass Rafinha immer auf der Hut sein musste.

Auf Dortmunder Seite ging viel über links, wo ganze 42% aller Angriffe vorgetragen wurden. Hier wurde deutlich, dass man durch die Aufstellung von Robben dem Platz hinter ihm ausnutzen wollte. Da Rafinha auch eher in die Kategorie "offensiver Außenverteidiger" gehört war dies eine sehr gute Wahl. Großkreutz bestach interessanterweise nicht durch Zweikampfstärke, er gewann nur 28% seiner Zweikämpfe, sondern dadurch dass er oft richtig Stand. Dies war zumeist mehr Richtung Zentrum um den Weg zum Tor zu verschließen und gleichzeitig den Raum für die Bayern-6er einzuengen.

Paradox war, dass Dortmund zwar zumeist über links kam, die meisten Flanken jedoch am Ende der rechte Verteidiger der Dortmunder geschlagen hatte. Nur eine einzige Flanke schlugen die Dortmunder über links, drei waren es über von rechts. Der Einsatz von Schmelzer und Großkreutz muss hier also in Bezug auf die taktische Intelligenz und Entlastung für das Dortmunder Spiel gesehen werden.

Dortmund überlässt Bayern die Initiative 

Von Beginn an wurde deutlich, dass Dortmund nicht das Heft in die Hand nehmen wollte. Man überließ den Bayern die Initiative, störte allerdings früh und presste tief in der Hälfte der Bayern. Dies schlug sich auch in den Zahlen nieder, so hatten die Bayern fast doppelt so viele Pässe gespielt wie die Dortmunder und mehr als 280 Ballkontakte mehr als die Borussen. 

Die Bayern hatten so natürlich auch wesentlich mehr Ballbesitz, 64% waren es nach 90 Minuten, jedoch spielte man sich kaum Chancen heraus. Bezeichnenderweise hatte Ribery die erste Chance nach 29. Minuten, zielte jedoch drüber. Gerade Mats Hummels in der Dortmunder Innenverteidigung lieferte ein überragendes Spiel ab, auch seine Kollegen taten es ihm gleich. Nicht überraschend erhielten die 4 BVB-Verteidiger, der Dortmunder Keeper und Sven Bender auf der Doppel-6 die besten Kicker Noten in dieser Partie.

Den Dortmundern musste man allerdings vorwerfen, dass sie ihre Konter nicht gut genug ausspielten. Viel zu oft landete der Ball beim Gegner und nicht beim eigenen Mann. So hatte man am Ende eine Pass-Quote von nur 70%, ein schwacher Wert. Unglaubliche 28% Fehlpässe spielten die Dortmunder, ein weiterer Beweis dafür, dass sich beide Mannschaften oftmals neutralisierten und ihr Gegenpressing sehr effektiv war. Ein Grund für die schwache Passquote der Dortmunder kann in der mangelnden Konzentration gefunden werden, die aufgrund des hohen läuferischen Aufwands nicht zu verhindern war. So liefen die Borussen starke 121 Kilometer, ganze 10 Kilometer mehr als die Bayern.

Nach dem Führungstreffer durch Götze investierten die Bayern mehr und wechselten mit Olic einen zweiten richtigen Stürmer ein. Da man die wenigen Chancen nicht nutzte versuchte Heynckes alles und brachte kurz vor Schluss mit Petersen einen dritten Stürmer für Rechtsverteidiger Rafinha. Dieser hatte noch die große Chance zum Ausgleich vergab aber.

Innenverteidiger als  Spielmacher-Badstuber und Hummels

Für die spielgestalterischen Aufgaben im Bayern Defensiv-Verbund zeichnet sich Holger Badstuber verantwortlich, der aufgrund des guten Dortmunder pressings von Kagawa und Lewandowski selten den Ball gefährlich in die Schnittstellen spielen konnte. Die Dortmunder agierten bewusst so, welches dazu führte, dass Jerome Boateng, oft am Ball war. Dieser ist spielerisch limitiert im Vergleich zu Badstuber und versuchte es in der 1. Halbzeit oft mit Diagonal-Bällen auf Ribery, was selten zum Erfolg führte, da die Dortmunder Zeit hatten sich auf diese langen Bälle einzustellen. Selbst wenn Ribery sich dort durchsetze war Santana oftmals sofort zur Stelle um die Situation zu klären.
Auf Dortmunder Seite war Hummels der primäre Spielmacher und nicht überraschend führte einer seiner weiten Pässe sorgte auch für die größte Dortmunder Torchance vor dem Götze-Tor. Auch Bayern-Trainer Heynckes hatte dies natürlich kommen sehen und versuchte Mats zu zustellen, dies gelang Gomez und Müller jedoch nicht so gut. Ein Glücksfall in diesem Spiel war auch, dass Subotic-Ersatz Santana ein super Spiel ablieferte und ebenfalls gut zum Spielaufbau betrug. So waren die Dortmunder Abwehrspieler spielstärker als die der Bayern, was im Umschalt- und Aufbauspiel ein wichtiger Vorteil war.
Generell zeigte das Spiel, wie wichtig spielstarke Innenverteidiger in diesen Begegnungen sind. Da beide Teams hoch pressten ist es wichtig Spieler der Kategorie Hummels und Badstuber in seinen Reihen zu haben, um dieses Pressing effektiv umspielen zu können. Auch die Rolle der Torhüter sollte man hier nicht verkennen, wo die Bayern mit Manuel Neuer über einen spielstärkeren Keeper verfügen, als die Dortmunder. Dies schlug sich in diesem Spiel jedoch nicht negativ zu Buche für die Borussen, primär weil man mit Santana und Hummels an diesem Tag das bessere und spielstärkere Innenverteidiger-Duo zu bieten hatte als die Bayern mit Boateng und Badstuber.
Fazit

Es war eine hochintensive Partie, wo die Bayern nach einer guten Anfangsviertelstunde die Kontrolle über das Spiel verloren. Die Gäste aus Dortmund wurden nun stärker, jedoch kam der letzte Pass zu oft nicht an. Die letzte Viertelstunde vor der Pause war geprägt von davon, das beide Teams den Fuß vom Gas nahmen. Nach der Halbzeit wurden die Bayern wieder stärker und riskierten mehr, doch die Dortmunder Abwehr um den überragenden Hummels stand gut. Dortmund attackierte nun auch schneller und direkter und erspielte sich gute Chancen, auch wenn der Treffer durch Götze auch einem groben Schnitzer von Boateng vorausging. Bayern musste nach dem Gegentor alles riskieren und warf alles nach vorne, in denen Dortmund es versäumte das entscheidende 2. Tor zu erzielen. Die drückende Überlegenheit im Ballbesitz konnten die Münchener lediglich in den letzten Minuten in wirkliche Chancen umwandeln, wo Petersen sowie Ribéry große Chancen vergaben. Die Statistik bestätigt dieses, so hatten die Bayern alle Torschüsse ab der 73. Minute auf ihrem Konto zu verzeichnen. Insgesamt agierten sie aber oft zu ideenlos und nicht zwingend genug gegen stark verteidigende, und unermüdlich rackernde, Borussen und so siegte Dortmund letztendlich nicht unverdient erneut in München.

Wenn man 2-3 Dinge hervorheben möchte aus dieser Partie ist es folgendes:

1. Das (abermals) erfolgreiche Doppeln von Robben und Ribery durch die starke Defensivarbeit von Großkreutz (und in Abstrichen von Götze).

2. Der Vorteil der spielenden Innenverteidigung Hummels/Santana gegenüber Badstuber/Boateng

3. Bayerns Abhängigkeit von funktionierenden Robben und Ribery, sowie das Fehlen von Schweinsteiger, welches man mit Kroos auf der 6 und Müller auf der 10 an diesem Tag nicht kompensieren konnte.

Grafik von zonalmarking.net

Keine Kommentare: